Der Einfluss psychologischer Mechanismen auf Kaufentscheidungen ist seit langem Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Besonders im Marketing und Vertrieb werden gezielt psychologische Verkaufstechniken eingesetzt, um das Verhalten von Konsumenten zu lenken. In diesem Artikel betrachten wir drei besonders wirksame Techniken: Social Proof, der Anker-Effekt und die Reziprozitätsregel.
Social Proof – “Wenn du das gut findest, teste ich es auch mal”
Menschen orientieren sich gerne an anderen Menschen. Gerade in unbekannten Situationen wie bei Kaufentscheidungen für Produkte, mit denen man sich selbst nicht so auskennt, liegt es nahe, sich Informationen und Erfahrungswerte bei unseren Mitmenschen einzuholen.
Mithilfe des Social Proof lassen sich komplexe Gegebenheiten durch das Vergleichen mit den Handlungen anderer vermeintlich besser einordnen. Besonders im Online-Kontext von allgegenwärtigen Bewertungen in verschiedenster Qualität und Quantität lässt sich das Phänomen Social Proof überall wiederfinden. Aber auch Bestseller-Listen, Empfehlungen des Hauses, Werbt-einen-Freund-Programme und viele weitere Formen von Social Proof lassen sich als Maßnahmen zur Verkaufsförderung einsetzen.
Neben dem Bedürfnis nach Orientierung basiert Social Proof auch auf dem Streben nach sozialer Akzeptanz. Social Proof soll also zum einen Orientierung bieten und zum anderen sicherstellen, dass unser Handeln sozial akzeptiert ist. Um diesen Effekt zu erzeugen, werden im Bereich der Werbung oft prominente Testimonials genutzt. Aber auch das direkte soziale Umfeld bietet über Erfahrungsberichte und Mund-Propaganda (Word Of Mouth) Social Proof.
Als soziales Phänomen ist Social Proof weit davon entfernt, ein Werkzeug für neutrale Bewertungen zu sein. Schließlich beeinflusst die Sympathie, die Vertrautheit und die Rolle der Social Proof Quelle, die Relevanz, die dem Ganzen zugeschrieben wird.
Der Anker-Effekt – die erste Zahl zählt
Schon einmal einen durchgestrichenen Preis im Prospekt deines Lieblings-Discounters gesehen und dich dabei erwischt, den rabattierten Preis daneben damit zu vergleichen? Genau das ist der Anker-Effekt: Ein initial aufgerufener Wert wird als Ausgangswert für alle nachfolgenden Werte genutzt.
Wenn der Originalpreis einer Tüte Marken-Chips bei über 3 € liegt, scheint uns der reduzierte Preis von 2,29 € plötzlich viel vertretbarer. In der Verkaufsförderung werden sich so Referenzen zu nutze gemacht, um mit dem rabattierten Preis einen guten Deal darzustellen.
Aber auch in Gehaltsverhandlungen wirkt die erste aufgerufene Summe wie ein Anker. Vor allem nach oben als Limit – versuch mal dein Gehalt im Nachgang höher zu verhandeln als du anfangs als Gehaltsvorstellung angegeben hast.
Aber warum wirken Ausgangswerte wie ein Anker, der dann auf einmal bei jeder weiteren Überlegung im Raum steht? Weil unser Gehirn zur Bewertung lieber relative Unterschiede zwischen einem Wert und einer bekannten Referenz heranzieht als nur absolute Werte. Genau so lässt sich an der Stelle die Wahrnehmung von Konsumenten bei Preisen und anderen Produkteigenschaften gezielt beeinflussen. Damit diese psychologische Verkaufstechnik funktionieren kann, muss das Produkt nur im Vergleich zur geschickt gewählten Referenz glaubhaft attraktiver wirken.
Die Reziprozitätsregel – Geben & Nehmen
Menschen tendieren dazu, sich verpflichtet zu fühlen, erhaltene Gefälligkeiten zu erwidern. Wenn ich etwas Nettes für dich tue, empfindest du wahrscheinlich den Drang, auch etwas Nettes für mich zu tun oder mir zumindest Freundlichkeit entgegenzubringen.
Die Reziprozitätsregel basiert auf dem Prinzip des sozialen Austauschs und somit auf einer sozialen Norm. Sozial betrachtet soll hier ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen erhalten werden.
Die psychologische Verkaufstechnik wird oft genutzt, um Konsumenten zu Kaufentscheidungen und Konsum als Ausgleich zu einer vorangegangenen Geste zu verleiten. Als Beispiel lassen sich hier kostenlose Brotkörbe oder Aperitifs im Restaurant nennen, die unmittelbaren Einfluss auf weitere Bestellmengen oder das Trinkgeld haben können.
Quellen
- Ariely, D., Loewenstein, G., & Prelec, D. (2003). „Coherent Arbitrariness“: Stable Demand Curves Without Stable Preferences. Quarterly Journal of Economics, 118(1), 73-105.
- Cialdini, R. B. (2001). Influence: Science and Practice. Allyn & Bacon.
- Goldstein, N. J., Cialdini, R. B., & Griskevicius, V. (2008). A Room with a Viewpoint: Using Social Norms to Motivate Environmental Conservation in Hotels. Journal of Consumer Research, 35(3), 472-482.
- Gouldner, A. W. (1960). The Norm of Reciprocity: A Preliminary Statement. American Sociological Review, 25(2), 161-178.
- Tversky, A., & Kahneman, D. (1974). Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases. Science, 185(4157), 1124-1131.
Weitere psychologische Verkaufstechniken findest du hier: psychologische Verkaufstechniken Teil 1 & psychologische Verkaufstechniken Teil 3.






