Dunning-Kruger-Effekt – Inkompetenz & Selbstüberschätzung

Inkompetent aber dennoch selbstbewusstes Auftreten? Sicher kennt du auch die ein oder andere Person, die selbstbewusst eine Illusion von Fähigkeiten oder Expertise zur Schau stellt, von denen sie eigentlich nur wenig hat. Aber wie kann das sein, dass sich Menschen ohne oder mit wenig Kompetenz in einem Bereich so verhalten, als wären sie Experten?

Dieses Phänomen fällt unter den Dunning-Kruger-Effekt und hat weitreichende Auswirkungen auf den Alltag, das Berufsleben und auch den gesellschaftlichen Diskurs.

Was ist der Dunning-Kruger-Effekt?

Der Dunning-Kruger-Effekt beschreibt eine kognitive Verzerrung, bei der Menschen mit geringem Wissen oder geringer Kompetenz in einem bestimmten Bereich ihre Fähigkeiten stark überschätzen. Gleichzeitig neigen kompetente Personen dazu, ihre Fähigkeiten zu unterschätzen, weil sie sich der Komplexität eines Themas bewusst sind.

Oder anders: Wer nicht weiß, dass er nicht viel weiß, denkt, dass er doch schon eine Menge weiß und wer viel weiß, weiß auch wie viel er noch nicht weiß.

Beispiele für den Dunning-Kruger-Effekt finden sich vom Berufsleben über Hobbys bis zur Politik überall. Wer hat nicht schon einmal selbstbewusst von sich behauptet, dass man den Job des Chefs mindestens genauso gut ausführen könnte. Klar, manchmal ist der Job des Vorgesetzten einfacher als man denkt, aber manchmal erkennt man von außen auch nicht, was für Herausforderungen und benötigte Fähigkeiten damit einhergehen. Letzteres wäre dann ein Fall von Ich-weiß-nicht-wie-viel-ich-nicht-weiß.

Oder in der Politik – als einfacher Bürger betrachten wir politische Sachverhalte oft nur im Rahmen unseres Umfelds und unserer Lebensrealität. Klar, dass wir uns bei dieser situativen Einschätzung für Experten halten. Dabei bleibt uns das große Ganze, mit dem sich Politiker für uns gesamtgesellschaftlich auseinandersetzen sollen, oft verborgen oder nur schwer zugänglich.

Mit dem Dunning-Kruger-Effekt haben die Psychologen David Dunning und Justin Kruger 1999 beschrieben, dass Menschen mit niedriger Kompetenz durch diesen Mangel an Kompetenz auch die Fähigkeit fehlt, sich darüber bewusst zu sein. Das bringt zwei Phänomene mit sich (”double-burden”-Effekt): Zum einen bemerken diese Personen dann auch nicht, wenn sie falsch liegen oder Fehler machen und zum anderen fehlt ihnen die Übersicht zu all dem, was sie nicht wissen.

Was wir wissen, ist ein Tropfen, was wir nicht wissen, ein Ozean.

Isaac Newton

Die psychologischen Wirkweisen des Dunning-Kruger-Effekts

Mit der Meta-Kognition, dem Selbstwertschutz und dem sozialen Vergleich treten gleich mehrere kognitive Mechanismen beim Dunning-Kruger-Effekt in Erscheinung.

Hinsichtlich der Meta-Kognition , also der Auseinandersetzung mit den eigenen kognitiven Prozessen, wird eine bestimmte Expertise vorausgesetzt, um die eigenen Fähigkeiten realistisch einschätzen zu können. Sofern diese Expertise in einem Bereich nicht vorhanden ist, droht die Gefahr zur Selbstüberschätzung der eigenen Kompetenz.

Ähnlich verhält es sich beim menschlichen Bestreben sich selbst positiv darzustellen. Unser Selbstwertschutz verleitet uns dazu, auch unbewusst, eigene Defizite zu ignorieren und diese durch Selbstüberschätzung zu kompensieren.

Darüber hinaus ist der Dunning-Kruger-Effekt ein Phänomen, das im sozialen Kontext auftritt. Deshalb ist der soziale Vergleich ein ausschlaggebender Anhaltspunkt, um die eigenen Kompetenzen an Referenzen wie beispielsweise Experten einordnen zu können. Wenn ein adäquater sozialer Vergleich nicht verfügbar ist, fördert das eine realitätsverzerrte Einordnung.

Wie kann man sich vor dem Dunning-Kruger-Effekt schützen?

Zunächst einmal ist es keine Schande, dass man sich selbst überschätzt. Es ist im Rahmen des Dunning-Kruger-Effekts eben nicht einfach nur so, dass „die Dummen“ davon überzeugt sind schlau zu sein. Wie mit der Beschreibung und den psychologischen Wirkweisen des Effekts aufgeführt, greift das zu kurz.

Eine gesunde Selbstwahrnehmung und die demütige Haltung, nur in den wenigsten Bereichen ein echter Experte sein zu können, sind eine solide Basis, um nicht dem Dunning-Kruger-Effekt zu verfallen. Ganz getreu des Mottos „lebenslanges Lernen“ und mithilfe einer angemessenen Skepsis gegenüber der eigenen Expertise lassen sich viele Faktoren des Dunning-Kruger-Effekts entkräften.

Im Informationszeitalter ist ein kritischer Realitätscheck der eigenen Kompetenzen im Vergleich zu Fachexperten und dem möglichen Kompetenzniveau im allgemeinen nur einen Klick entfernt. Zusätzlich kann auch der soziale Vergleich mit Gleichgesinnten bei der Einordnung der eigenen Fähigkeiten helfen und ein objektives Bewusstsein für diese fördern.

Fazit: Es kann jeden treffen

Die Idee dem Dunning-Kruger-Effekt vollständig zu entkommen, ist ein Paradoxon. Denn wann weiß man genug, um zu wissen, was man alles nicht weiß? Hier lässt sich mit der Demut von Expertentum und Wissen eher eine andere Lehre ziehen: Es gibt immer noch etwas zu lernen. Mit diesem Gedanken im Kopf gilt es nur noch die Balance zwischen gesundem Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten auf der einen Seite und einer realitätsfremden Selbstüberschätzung auf der anderen Seite zu finden.

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Quellen
  • Dunning, D. (2011). The Dunning-Kruger Effect: On Being Ignorant of One’s Own Ignorance. Advances in Experimental Social Psychology, 44, 247-296.
  • Ehrlinger, J., Johnson, K., Banner, M., Dunning, D., & Kruger, J. (2008). Why the Unskilled Are Unaware: Further Explorations of (Absent) Self-Insight Among the Incompetent. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 105(1), 98-121.
  • Kruger, J., & Dunning, D. (1999). Unskilled and Unaware of It: How Difficulties in Recognizing One’s Own Incompetence Lead to Inflated Self-Assessments. Journal of Personality and Social Psychology, 77(6), 1121-1134.